Wie
kaum ein anderer deutscher Komponist hat sich Felix Mendelssohn Bartholdy
(3.2.1809 - 4.11.1847) über die Propagierung des eigenen Werkes hinaus für
die Entwicklung und Verfestigung allgemein rezipierter Musikkultur in diesem Lande
eingesetzt. Sein zwölfjähriges Wirken als Kapellmeister des Gewandhausorchesters
in Leipzig markiert den Übergang vom heterogen beschaffenen Verband der Stadt-
oder Hofkapelle hin zur philharmonischen Gemeinschaft des modernen Symphonie-orchesters.
Reguläre Musik- und Repertoirepflege im öffentlichen oder privaten Bereich,
der Orchestermusiker als anerkannter Beruf, geregelte Ausbildung der musikalischen
Jugend auf Konservatorien - all das nahm für Deutschland in den Jahren 1835-47
von Leipzig seinen Ausgang. Dennoch ist Person und
Werk Mendelssohns noch immer Nachwirkungen zwiespältiger Einschätzung
unterworfen. Felix Mendelssohn Bartholdy war Deutscher jüdischer Herkunft.
"Die Musik Felix Mendelssohns ist keines natürlichen
Todes gestorben. Sie wurde ermordet!" fasste Heinrich-Eduard Jacob im Jahre
1959 einen einmalig-verhängnisvollen musikgeschichtlichen Vorgang zusammen:
die antisemitisch geprägte Rezeptionsgeschichte Mendelssohns. Bereits
zu Lebzeiten war der Komponist offen-antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt.
So wurde er als "Judenjunge" beschimpft; sein Wirken als Kapellmeister
des Leipziger Gewandhausorchesters als "mosaisch" verunglimpft. 3
Jahre nach seinem Tode im November 1847 publizierte Richard Wagner unter einem
Pseudonym die folgenschwere Schmähschrift "Das Judenthum in der Musik". Darin
sprach Wagner den Juden jede echte und wahre Befähigung zu Kunst und Musik
ab. Die Musik jüdischer Komponisten - also auch die Musik Mendelssohns, ja
diese im Besonderen - sei von Glätte, perfektionistischer Kälte und
leerer Formenhaftigkeit erfüllt. Diese Einschätzung wurde in der
2.ten Hälfte des 19. Jahrhunderts - synonym eines zunehmenden gesellschaftlichen
Antisemitismus - zum musikpublizistischen Allgemeingut und ist in zahlreichen
Musiklexika jener und späterer Zeit feststellbar. Hugo Riemann attestierte
der Musik Mendelssohns in seinem berühmten, maßgeblichen Lexikon "Weichlichkeit
und Sentimentalität"; Detlev von Liliencron verspottete den Komponisten
als "Felix Mendelmaier". Um die Jahrhundertwende (1899-1900) war die
Musik Felix Mendelssohns kaum noch im Bewusstsein, in den Jahren des III. Reiches
war sie als jüdisch, also rassisch unerwünscht, verfemt und vollständig
verboten. In den Musikbüchern der BRD reüssierte
die negative Beurteilung von Mendelssohns Werk, wie jene von "ursacheloser
Schwermut und einer gewissen Glätte, die Überdruss erregte" deutlich
aufzeigt, in ungebrochener Kontinuität. Waren doch deren Autoren in Zeiten
des Nationalsozialismus oftmals willfährige Diener des Regimes gewesen. Somit
erreichen die einstmals von Richard Wagner in die Welt gesetzten antisemitisch
motivierten Vorurteile über massiv in ibliotheken verfügbar gehaltene
Bestände von Musikpublizistik neueren Datums den Leser unserer Tage unmittelbar;
werden die Missachtungen weiterhin kolportiert, spielt die "ermordete"
Musik Mendelssohns auf deutschen Konzertpodien nur eine Nebenrolle. Die
Musik Felix Mendelssohns ist von erhabener Schönheit und Grösse. Ist
sie somit dem Angedenken Mozarts, Beethovens und Schuberts würdig? Oder ist
sie vordringlich eine von Charme, Eleganz und Esprit getragene Botschaft heiterer
Seelenstimmung, wie seine Gegner behaupteten? Befreit vom Ballast suggestiver
Negativprägung in Wort, Schrift und Imagination trete sie wiederum vor den
unverbildeten Hörer unserer Tage: Diesem sei ein erneutes Urteil vorbehalten.
Das
KulturNetzWerk "Die
Cavallerotti" wurde in Schwalbach am Taunus gegründet, der unmittelbaren
Nachbargemeinde Bad Sodens, wo Felix Mendelssohn im Juli und im September d. J.
1844 und im August d. J. 1845 mit seiner Familie weilte. Es entstand dort
unter anderem das Violinkonzert Op. 64 in der Villa
Nassovia. Der Verein "Die
Cavallerotti" hat seit Anfang 1999 seinen Sitz in Frankfurt am Main.
Felix Mendelssohn Bartholdy pflegte eine langjährige enge berufliche und
persönliche Beziehung zu der alten Handelsstadt am Main. Aus Frankfurt
stammte auch die Gemahlin Felix Mendelssohns, Cécile
Sophie Charlotte Mendelssohn Bartholdy, geborene Jeanrenaud, welche er
im Jahre 1836 dort kennenlernte. Mendelssohn leitete in diesem Jahre die Chorvereinigung
des Frankfurter Cäcilienvereins in Stellvertretung des schwer erkrankten
Johann Nepomuk Schelble. Mendelssohn Bartholdy fühlte sich dieser Chorgemeinschaft
und deren Dirigenten seit vielen Jahren sehr verbunden. Er fühlte sich somit
verpflichtet, den Proben- und Konzertbetrieb des Cäcilienvereins, welcher
seit der Erkrankung Schelbles darniederlag, baldmöglichst fortzuführen.
Der Aufenthalt in Frankfurt verhalf Mendelssohn auch zu einer persönlichen
freundschaftlichen Begegnung mit dem bedeutenden Opernkomponisten Giacchino Rossini,
welcher dort für einige Tage logierte. Am 9. September 1836 fand die Verlobung
und am 28. März 1837 schliesslich die Hochzeit mit Cécile Jeanrenaud
in Frankfurt statt. Mendelssohn entwickelte in den Jahren 1836/37 darüberhinaus
eine enge familiäre Bindung zum Hause Jeanrenaud sowie zum Hause Souchay,
der Familie Cécile Sophie Charlottes mütterlicherseits, welche ihn
wie einen Sohn des Hauses ins Familienleben integrierten. Zahlreich waren die
Veranstaltungen und Konzerte, welche die Bürger Frankfurts dem berühmten
Komponisten bereiteten. So dirigierte er im Juni 1839 die "Hebriden-Ouvertüre"
sowie sein "Ave Maria" im Verlaufe eines Orchesterkonzertes der Frankfurter
Museumsgesellschaft sowie des Cäcilienvereins. Mendelssohn nahm u. a. an
einem Feste teil, auf welchem Frankfurter Familien lebende Bilder stellten und
wurde als Statuette eines Komponisten in eines derselben integriert. Im Juli 1839
war Felix Mendelssohn Bartholdy Ehrengast eines Waldfestes, welches Frankfurter
Familien ihm in der Nähe der Oberschweinstiege im Frankfurter Stadtwald ausrichteten.
Dabei wurden seine Chorlieder, im Freien zu singen Op. 48, aufgeführt. Da
Mendelssohn die Chorlieder im Jahre 1839 komponierte und die Familie Mendelssohn
sich von Mai bis August dieses Jahres in Frankfurt und Umgebung aufhielt, handelte
es sich möglicherweise um eine Uraufführung des Op. 48. Im Jahre 1840
veranstaltete der Frankfurter Liederkranz in Anwesenheit Mendelssohns ein Konzert
zur Erinnerung an das im Jahre 1838 durchgeführte erste deutsche Sängerfest
und führte dabei den bekannten Mendelssohn-Chor "Jägers Abschied"
auf. Neben anderen Auftritten im Rahmen der vom Frankfurter Cäcilienverein
veranstalteten Konzerte nahm Mendelssohn im Jahre 1845 auch an einem Benefizkonzert
zugunsten von Überschwemmungsopfern vom Frühling diesen Jahres teil,
auf welchem er Beethovens C-Dur-Sonate spielte. Eine besondere Liebe Felix Mendelssohns
zum Frankfurter Stadtwald ist verbürgt, welchen er in ausgiebigen Spaziergängen
erkundete. Zahlreiche Kompositionen Mendelssohns entstanden während seiner
häufigen Aufenthalte in Frankfurt und Umgebung; so die Lieder "Es ist
ein Schnitter, der heisst Tod" und "Es ist bestimmt in Gottes Rath",
Teile des Oratoriums "Elias", das Violinkonzert in e-moll op. 64, die
sechs Orgelsonaten op. 65, die Chorlieder Im Freien zu singen op. 48 sowie das
Klaviertrio d-moll, op. 49. Das Ehepaar Mendelssohn
hatte fünf Kinder, welche allesamt in Leipzig - der musikalischen Hauptwirkungsstätte
Mendelssohns - zur Welt kamen. Felix Mendelssohn Bartholdy verstarb am 4. November
1847 in Leipzig; seine junge Witwe überlebte ihn nur um sechs Jahre. Cécile
Mendelssohn kehrte mit ihren beiden Töchtern nach Frankfurt zu ihrer Mutter,
la Grand Mére, ins Haus Jeanrenaud zurück; die beiden Söhne lebten
fortan im Hause des Familienoberhauptes Paul Mendelssohn in Berlin. Cécile
Mendelssohn verstarb am 25.September 1853 im Elternhause in Frankfurt am Main
und wurde in einem der Familie Jeanrenaud zugeeigneten Grabfeld auf dem Hauptfriedhof
beigesetzt. Die Kreuzesreihe (siehe
Foto) markiert also sämtlich Grabstätten von Mitgliedern der
Familie Jeanrenaud/ Souchay. (Cécile Mendelssohns Grab ist das Dritte von
links). Das Grab wurde im Jahre 2004 von Herrn Günther
Beeg wiederentdeckt und befand sich in völlig verwahrlostem Zustand (siehe
Fotos Grab vor und nach der Renovierung). Auf Initiative von Herrn Dieter
Georg aus Frankfurt und der Cavallerotti e. V. konnte die Frankfurter
Mendelssohn Gesellschaft unter Federführung ihres künstlerischen
Leiters, Herrn Dr. Paulus Christmann, als Pate des Grabes der Gattin des Komponisten
gewonnen werden. Das Grab wurde somit wiederhergestellt
(siehe
Foto) und am Sonntag, dem 22. Mai, im Verlaufe eines feierlichen Festaktes
der Öffentlichkeit übergeben. Nach einleitenden Worten der Stadträtin
Lilli Pölt sangen der Polizeichor Frankfurt und die Mendelssohn-Chorvereinigung
unter der Leitung von Herrn Dr. Paulus Christmann den Eröffnungschoral des
Psalms Op. 42 "Wie der Hirsch schreit nach frischen Wasser..." und andere
Chorwerke Mendelssohn Bartholdys. Es folgten Würdigungen Céciles und
Felix Mendelssohns sowie Danksagungen an alle, welche sich für die Wiederherstellung
der Grabstätte engagierten durch Herrn Dr. Christmann. Informationen über
die Wiederherstellung und den Festakt finden sich unter www.frankfurter-hauptfriedhof.de,
der Informationspage des Frankfurter Hauptfriedhofes, welche von Herrn Harald
Fester erstellt und gepflegt wird. Auch auf der Website
Herrn Klaus Nergers aus Frankfurt ist der Vorfall der Grabstätte
der Cécile Mendelssohn Bartholdy hervorragend dokumentiert.
Die
Bildrechte der Aufnahmen des Grabes vor der Restaurierung liegen bei Herrn Dieter
Georg, jene der Aufnahme des wiederhergestellten Grabkreuzes bei Herrn Harald
Fester.
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